Ausbildung für Menschen mit Behinderung: Möglichkeiten im Überblick*
Der Weg zu einem erfüllenden und spannenden Beruf sollte allen Menschen offenstehen, unabhängig von ihren individuellen Herausforderungen. In Deutschland gibt es deshalb Unterstützung für Menschen mit Behinderung, die eine Ausbildung machen wollen. Wir zeigen dir, wie du mit Behinderung erfolgreich einen Ausbildungsplatz findest und informieren dich über die Möglichkeiten, die Ausbildung an deine Bedürfnisse anzupassen.
In der Regel lassen sich Einschränkungen im Alltag in drei Arten einteilen: körperliche Behinderungen, geistige Behinderungen und seelische Beeinträchtigungen. Es ist ganz individuell, wie sehr dich eine Behinderung bei deiner Berufswahl einschränkt. Daher hat die Art der Behinderung und der Grad der Beeinträchtigung im Alltag natürlich einen großen Einfluss darauf, welche Ausbildung du ergreifen möchtest und welche Unterstützung du dabei benötigst.
Inhaltsverzeichnis
Vorbereitung auf die Ausbildung für Menschen mit Behinderung: Diese Unterstützungen gibt es
Um eine passende Ausbildung zu finden, kannst du vor oder während deiner Suche nach einem Ausbildungsplatz an verschiedenen Programmen teilnehmen. Diese helfen dir, deine Stärken und Schwächen zu entdecken und in verschiedene Berufe und Betriebe hineinzuschnuppern. So kannst du eine Ausbildung finden, die dir Spaß macht und deinen Bedürfnissen gerecht wird. Außerdem kannst du so schon erste Kontakte knüpfen und später vielleicht im gleichen Betrieb eine Ausbildung beginnen.
Menschen mit Behinderung haben diese Möglichkeiten, sich auf eine Ausbildung vorzubereiten:
(Rehaspezifische) Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme: Dieses Programm der Agentur für Arbeit richtet sich an junge Menschen mit einer Behinderung oder Lernschwäche, die gerne eine Ausbildung starten möchten, dazu aber noch nicht bereit sind. Im Rahmen des Programms finden daher unter anderem Praktika in verschiedenen Berufen, Bewerbungstrainings und weiterführender Unterricht statt. Das Programm wird an deine Stärken und Schwächen angepasst und soll dich individuell fördern.
Einstiegsqualifizierung: Die Einstiegsqualifizierung ist ein von der Agentur für Arbeit gefördertes Praktikum, das meist sechs bis zwölf Monate dauert. Es ermöglicht dir einen tieferen Einblick in einen Beruf, indem du die Aufgaben und den Betrieb genau kennenlernst. So kannst du entscheiden, ob der Beruf zu dir passt. Während des Praktikums erhältst du bereits eine Vergütung. Die Praktikumszeit kann bei einer anschließenden Ausbildung angerechnet werden.
Am besten beginnst du schon ein bis zwei Jahre vor deinem Schulabschluss damit, nach einem Ausbildungsplatz zu suchen. Dazu können Praktika in den Ferien, Nebenjobs bei verschiedenen Betrieben oder Besuche beim Tag der offenen Tür hilfreich sein. Auch Angebote zur Berufsberatung können dir bei der Suche nach dem richtigen Ausbildungsplatz helfen.
Nachteilsausgleich und Hilfsmittel: So meisterst du eine reguläre Ausbildung mit Behinderung
Eine reguläre Ausbildung könnte für dich in Frage kommen, wenn du in der Schule gut zurechtgekommen bist und einen guten Schulabschluss hast. Das heißt, du absolvierst eine normale Ausbildung (z. B. eine duale Ausbildung mit Berufsschule und Ausbildungsbetrieb).
Während deiner Ausbildung kannst du jedoch einen Nachteilsausgleich und bestimmte Hilfsmittel beantragen. Diese helfen dir, die Hürden zu überwinden, die durch deine Behinderung entstehen.
Dazu zählt zum Beispiel:
Du kannst mehr Zeit für die Prüfungen beantragen, wenn du z. B. Schwierigkeiten beim Schreiben hast.
Du kannst zusätzliche Erläuterungen bei Prüfungsaufgaben anfordern, wenn du z. B. Schwierigkeiten beim Hören hast.
Du kannst auch die Ausbildungszeit an sich verlängern, wenn du mehr Zeit zum Lernen brauchst.
Zudem kannst du spezielle Hilfsmittel beantragen. Dazu zählen unter anderem: größere Schriftbilder, die Anwesenheit einer Vertrauensperson, die Benutzung von speziellen Geräten oder die Anwesenheit eines Übersetzers für Gebärdensprache.
Bei einer dualen Ausbildung kann auch eine Schulassistenz für den Unterricht in der Berufsschule beauftragt werden.
All das ermöglicht es dir, die Ausbildung an deine Bedürfnisse anzupassen und sicherzustellen, dass du sie gut meistern kannst.
Es ist wichtig, dass du den Nachteilsausgleich und/oder die Hilfsmittel rechtzeitig bei der zuständigen Kammer beantragst. Das solltest du spätestens mit der Prüfungsanmeldung tun. Dazu benötigst du einen Nachweis von einem Facharzt, dass eine Einschränkung vorliegt und in welcher Form der Nachteilsausgleich erfolgen kann. Wenn du spezielle Hilfsmittel beantragst, werden sie nach der Genehmigung vom Sozialhilfeträger bezahlt.
Tipp: Du kannst während deiner Ausbildung auch weitere finanzielle Hilfen beantragen. Eine Übersicht findest du im Artikel zur Ausbildungsfinanzierung.
Im öffentlichen Dienst und bei großen Ausbildungsbetrieben werden Bewerber mit einer Behinderung oft bevorzugt eingestellt. Achte daher bei Stellenanzeigen auf diesen Hinweis.
Spezielle Ausbildungsarten für Menschen mit Behinderung oder Lernschwäche: So kannst du trotz Einschränkungen in die Berufswelt starten
Natürlich kann es auch sein, dass deine Einschränkungen im Alltag zu groß sind und du eine reguläre Ausbildung für dich ausschließt. In diesem Fall gibt es einige Ausbildungsarten, die genau für Menschen mit einer Behinderung oder Lernschwäche entwickelt wurden.
Sie sind anders aufgebaut und ermöglichen es dir, mehr Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Bei den speziellen Ausbildungsarten für Menschen mit Lernschwäche oder Behinderung unterscheidet man zwischen Ausbildungen in einem Betrieb und Ausbildungen im Berufsbildungswerk. Wir zeigen dir die verschiedenen Ausbildungsformen und erklären ihre Besonderheiten.
Damit du eine Ausbildung in einem Berufsbildungswerk aufnehmen kannst, muss ein Rehabedarf bei dir festgestellt werden. Das bedeutet, dass deine Teilhabe am Arbeitsleben durch deine Behinderung dauerhaft eingeschränkt ist. Der Rehastatus wird durch deinen Rehaberater vergeben. Mit dem Rehastatus hast du außerdem Anspruch auf eine rehaspezifische Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme und auf Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung.
Ausbildung mit Behinderung im Betrieb
Bei diesen Ausbildungsarten lernst du in einem Ausbildungsbetrieb. Bei der Ausbildung zum Fachpraktiker für Büromanagement arbeitest du zum Beispiel im Sekretariat eines Betriebs (z. B. ein Möbelgeschäft) mit. So kannst du schon Berufserfahrungen sammeln und aktiv mithelfen.
Zu den Ausbildungen für Menschen mit Behinderung oder Lernschwäche im Betrieb zählen die Fachpraktikerausbildung und die assistierte Ausbildung.
Fachpraktikerausbildung im Betrieb
Die Fachpraktikerausbildung enthält weniger Theorie. Das bedeutet, dass du zwar genauso viel Zeit in der Berufsschule verbringst, aber weniger Stoff in der gleichen Zeit lernst. Außerdem hast du mehr praktische Arbeit im Betrieb. Das ist besonders hilfreich für Jugendliche mit einer Lernschwäche, weil sie mehr mitarbeiten können und weniger lernen, lesen und schreiben müssen.
Du kannst eine Fachpraktikerausbildung auch ohne Schulabschluss beginnen. Bei guten Leistungen kannst du später sogar in eine reguläre Ausbildung wechseln.
Assistierte Ausbildung im Betrieb
Die assistierte Ausbildung richtet sich an Jugendliche, die schon lange nach einer Ausbildung suchen. Daher beginnt die assistierte Ausbildung schon bei der Ausbildungssuche. Du kannst beispielsweise ein Bewerbungstraining, Nachhilfe oder individuelle Beratung bekommen. Ein Betreuer unterstützt dich weiterhin, nachdem du einen regulären Ausbildungsplatz gefunden hast. Er gibt Nachhilfe und unterstützt dich bei Alltagsproblemen. Mit dieser zusätzlichen Unterstützung soll es dir ermöglicht werden, deine Ausbildung erfolgreich abzuschließen.
Gerade, wenn du eine Ausbildung mit einer seelischen Behinderung beginnen möchtest oder gesundheitlich eingeschränkt bist, kannst du sie auch in Teilzeit machen. Dadurch verbringst du weniger Stunden pro Woche in der Berufsschule und im Ausbildungsbetrieb. So hast du mehr Zeit, um dich zu erholen und anderen Verpflichtungen nachzugehen. Dadurch verlängert sich allerdings deine Ausbildungszeit.
Ausbildung mit Behinderung im Berufsbildungswerk
Ein Berufsbildungswerk ist eine spezielle Berufsschule für Menschen mit Behinderung. Hier kannst du deine Berufsausbildung absolvieren und wirst dabei von speziellen Förderlehrern unterrichtet. Außerdem besitzen die Ausbilder neben ihrem Meisterabschluss auch eine Reha-spezifische Zusatzausbildung, sodass sie genau auf die Bedürfnisse und Wünsche von Menschen mit Behinderung eingehen können und die Lerninhalte einfach und verständlich erklären. Berufsbildungswerke bieten oft auch Wohnräume an, in denen du während deiner Ausbildung wohnen kannst.
Es gibt zwei verschiedene Arten von Ausbildungen im Berufsbildungswerk: die verzahnte Ausbildung und die außerbetriebliche Ausbildung.
Auf der Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke e. V. findest du eine Übersicht über alle Bildungswerke in Deutschland. Außerdem kannst du hier nach bestimmten Berufen suchen und herausfinden, in welchen Berufsbildungswerken diese Ausbildung angeboten wird.
Die Internet-Adresse lautet: www.bagbbw.de/bbw-anbietersuche/
Verzahnte Ausbildung
Die verzahnte Ausbildung ähnelt einer regulären Ausbildung. Anders als bei einer regulären Ausbildung schließt du bei einer verzahnten Ausbildung deinen Ausbildungsvertrag mit dem Berufsbildungswerk ab. Im Berufsbildungswerk lernst du den Beruf kennen und absolvierst dort den Großteil der praktischen Ausbildung. In der Regel lernst du ab dem 2. Ausbildungsjahr dann die Theorie an einer Berufsschule. Um mehr praktische Erfahrung zu sammeln, absolvierst du ein Praktikum in einem Unternehmen. Das Praktikum dauert mindestens 6 Monate und soll dir zeigen, wie der Beruf nach der Ausbildung ablaufen wird. Die Mitarbeiter des Berufsbildungswerks stehen dir, deinem Ausbildungsbetrieb und der Berufsschule während der gesamten Ausbildung zur Seite und helfen bei Problemen.
Außerbetriebliche Ausbildung
Bei der außerbetrieblichen Ausbildung lernst du nur im Berufsbildungswerk. In den Werkstätten und Läden des Berufsbildungswerks kannst du praktisch arbeiten und im Unterricht mit Förderlehrern das nötige Wissen erwerben. Die Lehrer und Betreuer im Berufsbildungswerk unterstützen dich bei der Ausbildung, indem sie dir zum Beispiel Nachhilfe geben oder dich bei der Prüfungsvorbereitung unterstützen. Es ist auch möglich, das theoretische Wissen in reduzierter Form zu erlernen – je nach Grad deiner Einschränkung. Das heißt, dass du nicht alles lernen musst, was normalerweise im Rahmen der Ausbildung an der Berufsschule gelehrt wird. Außerdem kannst du im Berufsbildungswerk auch wohnen. So können dir deine Betreuer im Alltag helfen.
Ausbildung mit Behinderung: Hilfs- und Beratungsstellen im Überblick
Eine individuelle Beratung hilft dir, den richtigen Beruf und die richtige Ausbildung für dich zu finden. Wende dich daher mit Fragen zur Vorbereitung auf deine Ausbildung an diese Stellen:
Bundesagentur für Arbeit: Die Berater der Bundesagentur für Arbeit können dir die verschiedenen Fördermöglichkeiten und Ausbildungsarten ganz genau erklären. Gemeinsam findet ihr heraus, was zu dir passt und welche Hilfen du beantragen kannst.
Inklusionsberatung deiner Kammer: Ausbildungen werden in Deutschland von verschiedenen Kammern organisiert (z. B. Handwerkskammer oder Industrie- und Handelskammer). Die Berater der Inklusionsberatung können dir helfen, den passenden Beruf zu finden, wenn du dich für ein bestimmtes Berufsfeld interessierst. Integrationsfachdienste: Integrationsfachdienste sind Beratungsstellen für Menschen mit einer (Schwer-)Behinderung. Sie unterstützen dich bei Fragen und Problemen am Arbeitsplatz.
Integrationsamt: Beim Integrationsamt kannst du Hilfsmittel beantragen, die du für deine Arbeit brauchst (z. B. spezielle Computer für Blinde, Rampen für Rollstuhlfahrer).
Selbsthilfe-Vereine und Verbände für Menschen mit Behinderung: Bei diesen Vereinen kannst du Hilfe rund um die Ausbildung bekommen. Sie können dir bestimmte Förderungen erklären oder dir helfen, Termine mit Beratern zu vereinbaren.
Fazit: Menschen mit Lernschwäche oder einer Behinderung können mit der richtigen Ausbildung ihren Traumjob finden
Auf dem Arbeitsmarkt gibt es viele Programme und Förderungen, die es Menschen mit Behinderung ermöglichen, eine geeignete Ausbildung zu finden. Durch Hilfsmittel und individuelle Förderung sollen die Schwierigkeiten ausgeglichen werden, die eine Behinderung mit sich bringen kann. So können alle angehenden Azubis ihre Stärken kennenlernen und einen passenden Job finden.
* Dieser Ratgeber fasst allgemeingültige Informationen zur Berufsorientierung sowie zum Ausbildungsprozess zusammen, um Berufseinsteigern die Orientierung zu erleichtern. Diese Informationen beziehen sich nicht konkret auf Ausbildungsprozesse, Einstiegsmöglichkeiten oder Berufsbilder bei C&A.
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Quellen und weiterführende Informationen
https://www.familienratgeber.de/lebensbereiche/ausbildung-arbeit/ausbildung-jugendliche-mit-behinderung
(aufgerufen am 22.01.2024)
https://www.arbeitsagentur.de/menschen-mit-behinderungen/spezielle-hilfe-und-unterstuetzung/unterstuetzung-bei-der-ausbildung
(aufgerufen am 22.01.2024)
https://www.aktion-mensch.de/inklusion/arbeit/fachkraefte-mit-behinderung-gewinnen/auszubildende-mit-behinderung
(aufgerufen am 22.01.2024)
https://www.ausbildung.de/ratgeber/ausbildung-mit-behinderung/
(aufgerufen am 22.01.2024)
https://www.azubiyo.de/azubi-wissen/ausbildung-mit-behinderung/
(aufgerufen am 22.01.2024)
https://familienportal.de/familienportal/lebenslagen/leben-mit-behinderung/ausbildung-arbeit-mit-behinderung
(aufgerufen am 22.01.2024)
Bildquellen in chronologischer Reihenfolge im Text
Titelbild: iStock.com/Carlos Duarte
1. Bild im Text: iStock.com/Halfpoint
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3. Bild im Text: iStock.com/jacoblund