
Pfadfinderin oder Pfadfinder werden: Ein Hobby, das Kinder stark macht
Die Pfadfinderbewegung bietet Kindern vielfältige Möglichkeiten, über sich hinauszuwachsen – sei es durch Abenteuer in der Natur, beim Engagement für gemeinnützige Zwecke oder durch die Organisation von Projekten und Angeboten innerhalb der Gruppe. Doch was steckt genau hinter der Bewegung, und was macht sie so besonders? In diesem Artikel beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um das Pfadfinden.
Wer sind die Pfadfinderinnen und Pfadfinder? – Hintergründe einer traditionsreichen Kinder- und Jugendbewegung
Die Pfadfinderbewegung wurde 1907 von Robert Baden-Powell in Grossbritannien gegründet, um Kindern und Jugendlichen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung zu bieten, die sie in ihrer Persönlichkeit stärkt und sie zu verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürgern erzieht. Die Idee war, durch Abenteuer in der Natur, «learning by doing» und die Zusammenarbeit in kleinen Gruppen wichtige Kompetenzen zu vermitteln und zu verankern, die nicht nur für die persönliche Entwicklung, sondern auch für das gesellschaftliche Zusammenleben relevant sind.
Heute ist die Pfadfinderbewegung international aktiv und zählt mehr als 50 Millionen Mitglieder weltweit. Sie ist in verschiedenen Verbänden und Gruppen organisiert, die sich zum Teil an bestimmten religiösen Traditionen oder pädagogischen Ansätzen orientieren.
Die Pfadfinderinnen und Pfadfinder in der Schweiz
Die grösste und am stärksten international vernetzte Organisation für Pfadfinderinnen und Pfadfinder ist der Dachverband der Pfadibewegung Schweiz (PBS), der etwa 51'000 Mitglieder umfasst und in 22 Kantonalverbänden sowie mehr als 550 regionale Abteilungen aufgegliedert ist. Die PBS ist der einzige Verband in der Schweiz, der sowohl von der World Organization of the Scout Movement (WOSM) als auch von der World Association of Girl Guides and Girl Scouts (WAGGGS) offiziell anerkannt ist. Gleichzeitig handelt es sich dabei um die grösste Kinder- und Jugendorganisation in der Schweiz.
Neben der PBS gibt es ausserdem noch kleinere Pfadfinderverbände, die teilweise spezifische religiöse oder kulturelle Ausrichtungen haben: Dazu zählen zum Beispiel die Schweizerische Pfadfinderschaft Europas oder die Royal Rangers Schweiz.
Pfadfinderleben und Religion: Muss man religiös sein, um Pfadi zu werden?
Die Pfadfinderbewegung steht grundsätzlich allen Kindern und Jugendlichen offen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung. Die Pfadibewegung Schweiz arbeitet bewusst interkonfessionell bzw. konfessionsneutral, jedoch gibt es innerhalb des PBS kleinere Vereine, die religiös geprägt sind – etwa der Verband Katholischer Pfadi (VKP), dem etwa 100 Pfadiabteilungen mit 12'000 Mitgliedern angehören.
Konfessionell gebundene Pfadfinderverbände, wie der VKP, insbesondere aber auch die Schweizerische Pfadfinderschaft Europas oder die Royal Rangers Schweiz, basieren auf christlichen (bzw. katholischen) Werten und lassen sich von diesen auch in ihrer Pfadfinderarbeit leiten. Interkonfessionelle Pfadfinderverbände sind hingegen bewusst so ausgerichtet, dass sie für Kinder mit verschiedenen Glaubensrichtungen sowie für nicht religiöse Kinder offenstehen. Der Bezug zur christlichen Glaubenslehre bzw. zu christlichen Traditionen wird hier bewusst nicht so stark gewichtet. Grundsätzlich stehen bei der Pfadibewegung Schweiz daher Werte wie Freiheit, Gemeinschaft und Umweltschutz im Vordergrund, ohne dass religiöse Inhalte eine zentrale Rolle spielen.
Kurz gesagt: Der Ursprung der Pfadfinderbewegung ist im christlichen Glauben verankert – so bezieht sich etwa das «Pfadfinderversprechen» nach Baden-Powell in seiner ursprünglichen Form explizit auf den Glauben an Gott. Dennoch haben sich viele Pfadfindergruppen und -verbände weiterentwickelt und stellen nicht (nur) religiöse, sondern allgemeine ethische und soziale Grundprinzipien wie Respekt, Hilfsbereitschaft, Toleranz und Verantwortung in den Vordergrund. Die jungen Pfadis sollen lernen, Verantwortung für sich selbst, ihre Mitmenschen und die Umwelt zu übernehmen, unabhängig von ihrer Weltanschauung. Die Pfadibewegung bietet somit für alle Kinder einen passenden Rahmen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit.
In einem Pfadfinderverbund gibt es für gewöhnlich eine einheitliche Bekleidung für alle Mitglieder, die als Erkennungszeichen dient und die Zusammengehörigkeit der Pfadfinderinnen und Pfadfinder verdeutlichen soll. Die Bekleidung besteht meist aus einem Foulard, das bei allen Pfadinder-Aktivitäten getragen wird, sowie einem Pfadihemd und einem Pfadigürtel. Die Farbe des Foulardsunterscheidet sich je nach Abteilung und die Farbe des Pfadihemdes unterscheidet sich je nach Altersstufe.

Pfadi werden: Welche Ziele hat die Pfadfinderarbeit?
Die Pfadfinderbewegung verfolgt seit ihrer Gründung das Ziel, junge Menschen in ihrer Entwicklung zu fördern und sie auf ihrem Weg zu verantwortungsbewussten, selbstständigen und sozial engagierten Erwachsenen zu begleiten. Das Ziel der Pfadfinderbewegung ist es, Kinder und Jugendliche auf spielerische Weise zu fördern, sie zu ermutigen, ihre Talente zu entdecken, und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Welt aktiv mitzugestalten:
Persönliche Entwicklung: Pfadis sollen sich durch ihre Erfahrungen weiterentwickeln, indem sie Verantwortung übernehmen und Herausforderungen meistern. Dabei geht es vor allem darum, Selbstvertrauen zu fördern und die Fähigkeit zu entwickeln, eigenständig Probleme zu lösen. Jedes Kind wird ermutigt, eigene Talente zu entdecken und seine Stärken auszubauen.
Gemeinschaft und Solidarität: In der Zusammenarbeit mit anderen Kindern und Jugendlichen lernen
Pfadis, wie wichtig Teamarbeit, Respekt und gegenseitige Unterstützung ist. Die Kinder und Jugendlichen übernehmen verschiedene Rollen in der Gruppe und erfahren, wie wichtig es dabei ist, sich aufeinander verlassen zu können. Solidarität und Hilfsbereitschaft sind zentrale Werte, die beim Pfadfinden gelebt werden.
Engagement für Umwelt und Gesellschaft: Ein wichtiger Bestandteil beim Pfadfinden ist der Einsatz für die Umwelt und Gesellschaft. Die Natur steht im Mittelpunkt vieler Pfadfinder-Aktivitäten, und die Kinder lernen, die natürliche Umgebung zu respektieren und zu schützen. Zudem werden Themen wie Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit in die Arbeit integriert.
Verantwortung für sich selbst und andere: Kinder und Jugendliche werden ermutigt, innerhalb ihrer Gruppe Aufgaben zu übernehmen und Projekte selbstständig zu organisieren. Ob es darum geht, die Gruppenstunden mitzugestalten, ein Zeltlager zu planen oder eine Umweltaktion zu koordinieren – Pfadis lernen frühzeitig, Verantwortung für sich selbst, die Gemeinschaft und die Umwelt zu übernehmen.
Für Gruppen aus Pfadfinderinnen und Pfadfindern gibt es verschiedene Begriffe: Kleine Gruppen von 6 bis 8 Pfadis werden «Fähnli» genannt, mehrere Fähnlis bilden einen «Stamm». Gruppen der jüngsten Pfadfinder («Wölfe») werden teilweise auch als «Rudel» (Kleingruppen) oder «Meute» (Grossgruppe) bezeichnet, während für die älteren Pfadis der Rover-Stufe die Sammelbezeichnung «Rotte» üblich ist.
Altersstufen bei den Pfadis
Pfadis werden innerhalb ihres Stamms in verschiedene Altersstufen eingeteilt, um den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen gerecht zu werden. Die Pfadibewegung Schweiz unterscheidet dabei folgende Altersstufen:
5 bis 6 Jahre – Biberstufe: Die Altersstufe der «Biber» richtet sich an Kinder unter 6 Jahren. In den Bibergruppen werden die Jüngsten spielerisch an das Pfadileben herangeführt.
6 bis 10 Jahre – Wolfsstufe: Die jüngsten Pfadis werden als Wölfe bezeichnet. Bei dieser Altersstufe stehen spielerisches Lernen, erste Naturerfahrungen und der Einstieg in die Pfadfinderwelt im Vordergrund.
10 bis 14 Jahre – Pfadistufe: Die nächste Stufe sind die Pfadis. In diesem Alter werden die Aktivitäten etwas anspruchsvoller, und die Kinder lernen mehr praktische und handwerkliche Fähigkeiten. Teamarbeit und Abenteuer in der Natur spielen weiterhin eine grosse Rolle und die Pfadis übernehmen nach und nach mehr Verantwortung innerhalb ihrer Gruppe.
14 bis 17 Jahre – Piostufe: Für die Pios liegt der Schwerpunkt auf dem Erlernen von Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Die Jugendlichen sind aktiv in die Planung von Aktivitäten und Zeltlagern eingebunden. Sie arbeiten an eigenständigen Projekten, erkunden die Natur auf längeren Fahrten und erleben Abenteuer, bei denen sie sich häufig auch neuen Herausforderungen stellen. In dieser Phase wird das Engagement für die Gruppe und die Gemeinschaft gestärkt.
Ab 17 Jahren – Roverstufe: Die ältesten Jugendlichen werden Rover genannt. In dieser Altersstufe stehen Eigeninitiative, Selbstorganisation und das Übernehmen von Führungsaufgaben im Vordergrund. Ranger und Rover gestalten viele Aktivitäten selbstständig, planen Expeditionen, übernehmen Leitungsaufgaben in den jüngeren Gruppen oder engagieren sich bei sozialen Projekten. Sie werden zu Vorbildern für die jüngeren Mitglieder und setzen sich aktiv für ihre Gemeinschaft ein.

Pfadfinder-Aktivitäten im Überblick: Was machen Pfadis?
Pfadigruppen bieten eine breite Palette an Aktivitäten, die darauf abzielen, Kinder und Jugendliche ganzheitlich zu fördern und ihnen neue Herausforderungen zu bieten, mit denen sie im Alltag ansonsten nicht konfrontiert werden. Hier sind einige der typischen Aktivitäten und Abenteuer, die Pfadis häufig erleben:
In den regelmässigen Treffen, den sogenannten Gruppen- bzw. Sippenstunden, steht je nach Alter das gemeinsame Spielen und Lernen im Vordergrund. Die Kinder und Jugendlichen nehmen an kooperativen Spielen teil, arbeiten an handwerklichen Projekten oder lernen nützliche Fähigkeiten. Diese Stunden fördern den Zusammenhalt und ermöglichen den Pfadis, sich in einem sicheren Rahmen auszuprobieren.
Eines der Markenzeichen der Pfadfinderarbeit sind Zeltlager und Outdoor-Aktivitäten. Diese finden häufig in Wäldern oder auf abgelegenen Wiesen statt und bieten den Kindern die Möglichkeit, fernab vom Alltag Abenteuer zu erleben. Sie lernen pfadfinderische Fähigkeiten wie etwa Knoten zu binden, ein Zelt aufzubauen, ein Lagerfeuer zu machen und sich in der Natur zurechtzufinden. Diese Erlebnisse schulen nicht nur praktische Fertigkeiten, sondern stärken auch den Teamgeist und das Selbstbewusstsein.
Pfadis engagieren sich aktiv für den Naturschutz oder soziale Projekte. Viele Gruppen nehmen an Umweltprojekten teil, wie dem Sammeln von Müll in Parks, dem Pflanzen von Bäumen oder der Pflege von Wanderwegen. Auch Veranstaltungen und Aktionstage zu Themen wie Gleichberechtigung oder kultureller Vielfalt werden von Pfadis durchgeführt und unterstützt.
Die Pfadfinderbewegung ist eine weltweite Gemeinschaft. Internationale Treffen, wie das «World Scout Jamboree», bieten den Kindern die Möglichkeit, Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus anderen Ländern kennenzulernen. Dies fördert den kulturellen Austausch und trägt dazu bei, den Horizont der jungen Menschen zu erweitern, wenn sie erkennen, dass Pfadfinderwerte weltweit geteilt werden.
Welche Vorteile hat es für Kinder, Pfadi zu werden?
Pfadfinder zu sein bedeutet mehr als nur Abenteuer und Spass im Freien – es bietet eine einzigartige Chance zur persönlichen Entwicklung. Dabei stehen der spielerische Umgang mit Herausforderungen und die Freude am Lernen im Mittelpunkt, wodurch die Kinder nicht nur wertvolle Kompetenzen für den Alltag erwerben, sondern auch wichtige Werte wie Weltoffenheit, Toleranz und Respekt verinnerlichen.
Die Pfadis lernen früh, Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen, aber auch gemeinsam Herausforderungen zu meistern und zusammenzuarbeiten. Sie entwickeln dadurch ein starkes Gemeinschaftsgefühl, schulen ihre sozialen Kompetenzen und erwerben wichtige Problem- und Konfliktlösungskompetenzen. Gleichzeitig kann ihr Selbstbewusstsein gestärkt werden. Die Vielfalt der angebotenen Aktivitäten ermöglicht es ihnen obendrein, neue Interessen zu entdecken, ihre Talente zu erforschen und natürlich auch neue Freunde zu finden.
Fazit: Bei den Pfadfinderinnen und Pfadfindern wachsen Kinder über sich hinaus
Pfadi zu sein, bedeutet weit mehr als nur Abenteuer in der Natur zu erleben. Es ist ein ausserschulisches Engagement, das Kinder umfassend fördert und nachhaltig prägt. Die Pfadfinderbewegung bietet ihnen einen Raum, in dem sie ihre Stärken entfalten, Gemeinschaft erleben und aktiv einen Beitrag zur Gesellschaft leisten können.
______________________________________________
Quellen und weiterführende Informationen
https://pfadi.swiss/de/go/pfadi-entdecken/
(abgerufen am 13.11.2024)
https://pfadi.swiss/de/das-ist-pfadi/werte/
(abgerufen am 13.11.2024)
https://www.vkp.ch/index.asp?inc=verband/leitbild.asp
(abgerufen am 13.11.2024)
https://www.unicum.de/freizeit/allzeit-bereit-wer-sind-eigentlich-diese-pfadfinder
(abgerufen am 13.11.2024)
https://www.meinefamilie.at/blog/was-machen-pfadfinder
(abgerufen am 13.11.2024)
Bildquellen in chronologischer Reihenfolge im Text
Titelbild: somchai20162516 – stock.adobe.com
1. Bild im Text: Dario Loew-Albrecht – stock.adobe.com
2. Bild im Text: Lux – stock.adobe.com
3. Bild im Text: V&P Photo Studio – stock.adobe.com